Klimawandel und biologische Vielfalt

Was bewirken diese Änderungen für die biologische Vielfalt?

  • Verschiebungen bei den Verbreitungsgrenzen von Arten: wärmeliebende Arten können sich nach Norden sowie in größere Höhen ausbreiten; kältetolerante Arten müssen sich entsprechend zurückziehen.
    In einer Analyse von 57 Tagfalterarten konnte bei 36 bereits eine nördliche Arealausweitung zwischen 35 und 240 km festgestellt werden (Parmesan et al. 1999). Bei gebirgsbewohnenden Tagfaltern in Spanien ist ein Arealrückgang um ein Drittel belegt. Die durchschnittliche Höhenverlagerung betrug in dieser Studie 212 m (Wilson et al. 2005).
    Bis zum Ende des 21. Jhdt. werden bei Vögeln Arealverschiebungen von bis zu 550 km prognostiziert, die mit einem durchschnittlichen Arealverlust von 20 % einhergehen (EEA 2008).
  • Verlust bestimmter Lebensräume / Biotope mit entsprechender Artenausstattung: Markanteste Beispiele in Europa sind der Rückgang der Alpengletscher sowie der Verlust von Salzwiesen an den Küsten in der Folge des zu erwartenden Meeresspiegelanstiegs.
    Aber auch viele andere Biotoptypen sind betroffen: So wird bspw. durch ein verändertes Niederschlagsregime (Sommertrockenheit) der Wasserhaushalt in Feuchtgebieten gestört, besonders in Mooren der Mittelgebirge. Weiterhin steigt etwa in Gebirgsregionen die Waldgrenze (aus Schweden werden bereits Verlagerungen von 150-200 m gemeldet), was zum Rückgang alpiner Offenlandslebensräume führt.
  • Aussterben von Arten: Tiere und Pflanzen mit eng begrenzter Verbreitung (z. B. Glazialrelikte) und sehr geringer Mobilität sind mangels Ausweichmöglichkeiten besonders gefährdet.
  • Veränderungen in der Phänologie: früherer Blühbeginn von Pflanzenarten und schnellere Entwicklung bei Insekten (Zunahme der Generationen pro Jahr).
  • Verschiebungen in Artengemeinschaften: die bereits genannten Veränderungen hinsichtlich Arealgrenzen und Phänologie führen zu neuen Konkurrenzsituation in den Ökosystemen, deren Ausgang sich nicht prognostizieren lässt. Allgemein werden sich wohl Generalisten auf Kosten von Spezialisten ausbreiten.
    Möglicherweise werden bestimmte Arten durch Neueinwanderer verdrängt oder der Lebenszyklus einer Art ist nicht mehr mit der geänderten Phänologie einer Nahrungsressource synchronisiert. So fällt die Rückkehr von Zugvögeln, die südlich der Sahara überwintern, bereits jetzt nicht mehr mit der maximalen Beuteverfügbarkeit zusammen – der Bruterfolg sinkt!
  • Verlust genetischer Variabilität: besonders bei disjunkt verbreiteten Arten kann das klimabedingte Aussterben einzelner Populationen zu einem erheblichen Verlust des Genpools führen (vgl. Hill et al. 2006). Dabei ist gerade in Zeiten sich rapide wandelnder Umweltbedingungen eine hohe genetische Variabilität besonders wichtig, um eine mögliche Anpassung der Arten nicht zusätzlich zu erschweren.

Insgesamt wird vermutet, dass vom Klimawandel induzierte Artenverluste bald bedeutender sein werden als solche durch direkten Lebensraumverlust. Schätzungen für Deutschland gehen davon aus, dass 5-30 % der Arten aussterben könnten (Leuschner & Schipka 2004), für Europa liegen die Schätzungen bei 20-33 % der Arten, wenn die mittlere Temperaturzunahme 2 bis 3°C übersteigt (Lovejoy & Hannah 2005, IPCC 2007). Bei den als besonders empfindlich eingestuften Gebirgspflanzenarten gelten in Europa 60 % als bedroht (EEA 2008). Weltweit schwanken die Gefährdungsanalysen je nach Szenario zwischen 15-37 % als vom Klimawandel bedrohte Arten (Thomas et al. 2004).


Klimawandel und Naturschutz
Online: http://www.klimawandel-projekte.de/hintergrund/klimawandel-und-biologische-vielfalt/index.php [Datum: 28.03.2024]
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